Zufall oder Vorsehung?

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Portrait Richard Estermann

Vorsehung setzt den Glauben an eine höhere Macht voraus
Wir können plötzlich in ein schicksalhaftes Ereignis verwickelt werden und stehen immer vor den gleichen Fragen: Warum gerade ich? Und: Ist ein solches Geschehen ganz einfach Zufall oder Vorsehung?

Im Rahmen meiner Seminartätigkeit lernte ich vor Jahren einen deutschen Geschäftsmann kennen, der sich zufällig in der nigerianischen Hauptstadt Lagos aufhielt und unfreiwillig in eine Schiesserei geriet. Gangster überfielen dort eine Bank und flüchteten, die Polizei nahm ihre Verfolgung auf. Im anschliessenden Kugelhagel geriet der Mann zwischen die Fronten und wurde von fünf Projektilen getroffen. Zwei konnten ihm notfallmässig herausoperiert werden, drei stecken noch heute in seinem Körper. Dass er überlebte, grenzt an ein Wunder. Viele Menschen leben heute in einem dauernden Spannungs- und Angstzustand: Was wird wohl Morgen sein? Wie wird dieses oder jenes ausgehen? Was wäre, wenn ich meinen Job verlieren würde oder das Geld nicht mehr ausreicht? Man fürchtet Krankheit, leidet unter Kriegsangst, fürchtet Inflation, hat Weltuntergangsängste. Wissenschaft und Technik wollen uns immer sagen: Alles ist machbar. Alles ist erklärbar.

Aber auch sie haben auf viele Fragen keine Antwort. Und das Leben ist nicht erklärbar, nicht planbar und schon gar nicht kontrollierbar. Der berühmte Ziegelstein, der uns «zufällig» auf den Kopf fallen kann, das Flugzeug, das zufällig abstürzt oder der Amokschütze, der zufällig im Einkaufszentrum um sich schiesst. Es gibt unzählige Möglichkeiten, dass etwas Unvorhergesehenes passiert. Lösen wir uns von der Vorstellung, dass es im Leben etwas Sicheres gibt. Wir können auf Dauer nichts unter Kontrolle halten. Wir können uns zwar dauernd Sorgen machen über verschiedene Dinge und uns ängstigen, doch das ändert an der Sache nichts. Wir können aber eines tun: Unsere Einstellung gegenüber dem Leben ändern und loslassen! Versuchen wir, unser Schicksal unter eine höhere Gewalt zu stellen. Lassen wir einfach los und unser Leben wird sich positiv verändern. Wir leben freier, ruhiger und gelassener, denn wir sind nur Gäste auf dieser schönen Welt. Die «Rahmenbedingungen» für unseren Aufenthalt sind wohl von einer höheren Instanz vorgegeben.

Leben wir doch nach dem wunderbaren Vierzeiler: «Man gebe mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.» Was für eine Weisheit! Den Mut zu haben, Dinge zu ändern, die ich ändern kann. Aber auch die notwendige Gelassenheit und Zuversicht zu besitzen im Wissen, dass es Dinge gibt, die auf mich zukommen, die ich nicht ändern kann und die wir als Schicksal bezeichnen. Wie sagte der grosse Philosoph Arthur Schopenhauer: «Das Schicksal mischt die Karten - wir spielen!»